Nicht Eben. Nicht Gleich. Jetzt.

 

Warum solltest du diesen Blogartikel lesen?

 Du möchtest mehr über das Thema Achtsamkeit erfahren. 

Du möchtest wissen, wie Achtsamkeit deine Selbstwahrnehmung positiv stärken kann.

Du möchtest einfache Techniken kennen lernen, um Achtsamkeit in deinem Alltag zu trainieren und um deinen Fokus mehr von außen nach innen zu richten.

 

 

Meine Einladung an Dich:

 

Bevor du damit beginnst diesen Artikel zu lesen, möchte ich dich zu einer kurzen Übung einladen. Egal wo du gerade bist, ob im Büro, zu Hause oder in der U-Bahn - nimm dir ein paar Minuten Zeit und stelle dir selbst nacheinander folgende Fragen:

 

  • Was siehst Du, wenn du nach unten, oben, seitlich oder geradeaus blickst?
  • Welche Geräusche, Klänge und Töne kannst du hören?
  • Wie nimmst du die Umgebungstemperatur wahr?
  • Wass riechst Du vielleicht?
  • Wie ist Dein Atem momentan? Eher schnell, flach oder ruhig und gleichmäßig?
  • Wie/was fühlst du gerade? Wo in deinem Körper zeigt sich dieses Gefühl am deutlichsten?
  • Wo sind deine Gedanken?

 

Wie hast du diese kleine Übung erlebt? Was würdest du sagen, wie leicht oder schwer ist es dir gefallen, dich auf die einzelnen Aspekte deiner Sinne zu konzentrieren? Wie oft sind deine Gedanken abgeschweift?

 

Vielleicht ist es dir genauso schwergefallen wie mir selbst, als ich diese Übung gerade gemacht habe. Denn während ich an diesem Artikel schreibe liegt eine bedrohlich lange to-do-Liste für diese Woche neben mir. Eine Telefonkonferenz steht an, die noch vorzubereiten ist, ein Trainingskonzept ist noch zu schreiben und um ehrlich zu sein, ist meine Wohnung gerade etwas zu „flexibel organisiert“ :). Zudem lassen mich Ereignisse der letzten Woche in meinen Gedanken überall sein – nur nicht im Hier und Jetzt. Hach, ja... kennst du es auch, das Phänomen „Fulmind“ statt „Mindful“? Mindfulness, also Achtsamkeit, ist momentan in aller Munde und wird sogar von großen Konzernen als neue „Schlüsselkompetenz“ im Umgang mit alltäglichen Herausforderungen gehandelt. Aber was steckt eigentlich hinter diesem Begriff?

 

 

Mindfulness ein „merk-würdiger“ Begriff

 

Achtsamkeit ist eine angeborene Fähigkeit des Menschen und beschreibt eine gewisse Form der Aufmerksamkeit, bei der dein Geist ausschließlich auf den gegenwärtigen Moment gerichtet ist.

Oder wie es Jon Kabat-Zinn, einer DER Wegbereiter von Achtsamkeit, ausdrückt: „Wenn Sie duschen, prüfen Sie, ob Sie wirklich unter der Dusche sind. Es kann sein, dass Sie schon bei der Arbeit sind – in einer Besprechung. Vielleicht ist sogar die ganze Besprechung bei Ihnen unter der Dusche.“

 

Wenn du eine achtsame Haltung einnimmst, dann bist du offen für die Erfahrung des Augenblicks, ohne dabei gedanklich abzuschweifen oder sofort zu (be)werten.

 

Das klingt theoretisch ganz einfach. Aber für die meisten Menschen ist es nicht so leicht etwas wahrzunehmen ohne dabei sofort zu bewerten oder andere Gedanken aufkommen zu lassen. Wir alle leben in dieser „fulmind“ Welt oder wie es Matthias Horx ausgedrückt hat: „In einem Zeitalter der ständigen medialen Überreizung – in einer Welt, die derart bis zum Rand mit Information, Meinung, Erregung, Angst, Lärm, Gleichzeitigkeit, Krise und Katastrophe überfüllt ist“. Wir hetzen durch unser Leben und es fällt uns zunehmend schwerer, dass wir uns für den gegenwärtigen Moment öffnen.

 

Denn Achtsamkeit bedeutet mit dir selbst und dem was gerade jetzt ist, in Kontakt zu sein. Achtsamkeit lädt dich ein, aufmerksam zu sein für das, was du denkst, fühlst und wahrnimmst. Und zwar genau im gegenwärtigen Moment. Im Jetzt. Es geht darum, im Alltag immer wieder inne zu halten und das Jetzt möglichst wertfrei zu erleben. Dies ermöglicht dir, mit dir selbst und anderen behutsamer und vor allem gelassener umzugehen. Die Chance besteht darin, mehr Fokus, Klarheit und Intensität in deinem Leben sowie ein tieferes Verständnis von dir selbst und im Umgang mit Anderen zu entwickeln.

 

Durch ein Weiterbildungsprojekt bei dem wir Achtsamkeit als Schlüsselkompetenz trainieren, beschäftige ich mich nun bereits seit über einem Jahr mit diesem Thema und der Philosophie dahinter. Für mich ist die tägliche Achtsamkeitspraxis zu einer liebgewonnenen Routine geworden. Es ist eine Möglichkeit, die laute Welt im Außen mit meiner Welt im Inneren in Balance bringen, um ein stilles Gegengewicht in mir selbst zu finden und mir selbst etwas Gutes zu tun.

 

 

Gute Nachricht: Achtsamkeit ist trainierbar

 

Eine sehr geschätzte Kollegin und Coachingfreundin sagte letztens in einem Gespräch über persönliche Weiterentwicklung zu mir: „In meiner Selbstreflexionsspirale bin ich oft überhaupt nicht im Hier und Jetzt, sondern überlege ständig, was passiert wohl, wenn ich dies oder jenes tue bzw. warum hab ich nicht dies oder jenes anders gemacht?“ Ich weiß nicht wie es dir geht. Ich stelle oft fest, ich kann gut im Hier und Jetzt sein, wenn alles „happy life“ ist. Wenn ich mich glücklich und erfüllt fühle. Achtsamkeit bedeutet allerdings auch, die schwierigen, destruktiven Gedanken und Gefühle, die uns traurig machen oder bedrücken, behutsam wahrzunehmen. Und im Idealfall erst mal stehen zu lassen, ohne wieder sofort in eine Bewertungs-und Gedankenspirale einzutauchen.

 

Die positiven Wirkungen von Achtsamkeit, wie z.B. eine geringere Stressanfälligkeit, sind inzwischen längst wissenschaftlich belegt und eine regelmäßige Achtsamkeitspraxis verändert deine Denkautobahnen im Gehirn. Prof. Dr. Stefan Schmidt, der an der Universität Freiburg die Wirkung von Achtsamkeit erforscht, sagt ganz klar: „Achtsamkeit ist ein trainierbarer Bewusstseinszustand, in dem man den gegenwärtigen Moment direkt, unverfälscht und ohne Wertungen wahrnimmt”. Und genau dazu möchten Sabrina und ich dich ermutigen, dich im Alltag immer wieder bewusst auszuklinken und dich aufmerksam auf den gegenwärtigen Moment zu fokussieren.

 

Und hey, wer jetzt denkt, „ich hab dafür aber grad überhaupt keine Zeit“. Wir sprechen nicht von einer riesen „Trainingseinheit“, sondern von zum Beispiel 2 Minuten am Tag, die regelmäßig ausgeführt, „Wunder bewirken können“, wie Google Ingenieur Chade-Meng Tan in seinem Besteller „Search Inside Yourself“ beschreibt. Ein tolles Buch übrigens, das wir dir nur ans Herz legen können.

 

Aber genug von der Theorie. Du fragst dich bestimmt schon, wie das nun mit der Achtsamkeit konkret in der Praxis funktionieren kann. Hier daher nun ein paar Tipps für dich:

 

 

Achtsam im Alltag – 5 praxisnahe Übungen für dich

 

 

1. Hier und Jetzt

„Der Gegenwärtige Augenblick, das Jetzt, ist der einzige Augenblick, in dem wir wirklich leben.“ Jon Kabat-Zinn

 

Mit dieser Übung laden wir dich wie bereits zum Einstieg des Artikels ein, einfach mal auf „Pause“ zu drücken und inne zu halten.

 

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Halte inne, richte den Blick nach innen und schenke dir selbst deine volle Aufmerksamkeit. Achte darauf, was du im Hier und Jetzt denkst, fühlst und tust.

Welchen Gedanken hast du?

Welche Gefühle hast du?

Mit welchen Tätigkeiten bist du beschäftigt oder warst du bis eben beschäftigt?

 

Antworte mit Sätzen, die mit "Jetzt" beginnen:

 

"Jetzt denke ich ..."

"Jetzt gerade fühle ich ..."

"Jetzt beschäftige ich mich mit ..."

 

Welche Erinnerungshilfen kannst du dir schaffen, um dir mehrmals täglich diesen kurzen Augenblick zu kreieren?

 

 

2. Leg regelmäßig eine Verschnaufpause ein

Die Atmung ist unsere wichtigste Energiequelle, denn sie versorgt uns mit lebenswichtigem Sauerstoff. Sie reagiert besonders schnell auf psychische Einflüsse - es kennt doch nahezu jeder Sprichwörter wie, "Mir bleibt die Luft weg" oder "Mir stockt der Atem". Jeder von uns kennt außerdem das Gefühl, außer Atem zu sein - nicht nur nach körperlichen Strapazen, sondern auch nach seelischen. Der Atem ist daher eine wunderbare Möglichkeit, dich immer wieder in den jetzigen Moment zu bringen, vor allem in Situationen, in denen du zu viel im Kopf hast oder um in brenzligen Situationen gelassen bleiben zu können. Meine Lieblingsübung seit Jahren ist die "Lippenbremse" :). 

 

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Nimm eine angenehme Haltung ein und beobachte deinen Atem. 

Atme durch die Nase ein und atme dann lediglich mit, durch einen kleinen Spalt, geöffneten Lippen wieder ganz langsam und lange aus (so als würdest du heiße Suppe auf dem Löffel zum Abkühlen bringen wollen). Tu dies, bis das Einatmen und Ausatmen durch die Nase wieder ganz von alleine geschieht. Vielleicht erkennst du ja bereits einen Unterschied in der Atemtiefe oder der Länge der Atemzüge. 

  

 

3. „Aha, ok!“ - 5 kleine Silben mit großer Wirkung

Wir erleben unzählig viele Situationen jeden Tag und reagieren auf diese. Wir bewerten, beurteilen und ranken ununterbrochen Verhaltensweisen von uns selbst und von anderen. Eine wesentliche Grundhaltung von Achtsamkeit ist zu lernen, das anzunehmen was da ist. Eine Mini-Übung, die ich bei meinem Meditationsretreat über Sylvester gelernt habe, ist so einfach wie wirkungsvoll.

 

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Wenn Du bemerkst, dass dich ein Verhalten an dir selbst oder an anderen stört, dann halte bewusst inne und sag dir innerlich mit einer offenen Grundhaltung: „Aha ok“, bevor du auf das Geschehene reagierst. Manchmal sind es nämlich genau die paar Millisekunden Abstand, die uns gut tun.

 

 

4. Aller guten Dinge sind drei

Unser Leben ist die Summe von vielen kleinen Momenten. Diese Übung lädt dich ein, kleine Momente im Alltag wahrzunehmen, inne zu halten und deine Aufmerksamkeit komplett auf eine Sache zu konzentrieren.

 

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Such Dir drei kleine Tätigkeiten aus deinem Alltag aus und führe sie achtsam aus. 

 

Meine drei Dinge der Woche sind:

Ich esse bewusst langsam und ohne Ablenkung wie Handy, Musik etc.

Ich nehme morgens, bevor ich meine Wohnung verlasse, drei tiefe und bewusste Atemzüge

Ich fokussiere mich während des Wartens an einer roten Ampel komplett auf die Farbe der Ampel.

 

Welche drei Dinge möchtest du in dieser Woche achtsamer tun und erleben?

 

 

5. Morning Me-time

Gehörst du auch zu den Menschen, die morgens nach dem Wecker, noch schlaftrunken direkt aufs Smartphone schauen, relativ schnell ins Bad und dann ohne Frühstück ins Büro eilen? Wenn du schon morgens hektisch, gestresst und mit einer Außenfokussierung in den Tag startest, wie wird wohl dann der Rest deines Tages ablaufen? Vermutlich recht ähnlich. Folgende Achtsamkeitsübung ist eine einfache und schnelle Methode, den Tag fokussiert und entspannt zu starten.

 

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Bleibe nach dem Aufwachen 2-3 Minuten mit offenen Augen im Bett liegen.

Setze dich aufrecht an die Bettkante und fühle zunächst deinen Atem und verändere diesen nicht. Beobachte nur, wie der Atem natürlich abläuft. Ist er schnell oder langsam? Atmest du in den Bauch oder in die Brust? Fühlt sich die Luft kühl oder warm an?

Spüre in deinen Körper hinein. Wie fühlt er sich an? Wo fühlt er sich gut an? Wo fühlt er sich verspannt an?

Beobachte, welche Gedanken und Emotionen am Morgen in dir aufsteigen. Nimm diese nur wahr, ohne sie zu bewerten.

 

Nimm diese durch deine Achtsamkeit generierte innere Ruhe und Entspannung mit in deinen Tag.

 

 

In diesem Sinne wünsche ich Dir, dass du dich bei all der busy Welt da draußen, immer wieder mit all deinen Sinnen für den Augenblick öffnen kannst. In dem Moment wo du mehr Gelassenheit und Geduld in alltäglichen Situationen praktizierst, kommst du deiner inneren Zufriedenheit ein großes Stück näher.

 

yvonne

 

 

PS: Dieser Artikel ist gleichzeitig der Startschuss für eine 3-er Reihe von uns zu diesem Thema. Und apropros Startschuss... das Worksheet gibt dir eine erste Orientierung, wie achtsam du bereits jetzt schon in deinem Alltag und mit dir selbst bist.

 

 

 

Unser Buchtipp:

Tan, C. M. (2018). Search inside yourself. Betank Pustaka.

 

 

Quellen der Übungen:

Collard, P. (2016). Das kleine Buch vom achtsamen Leben: 10 Minuten am Tag für weniger Stress und mehr Gelassenheit (Vol. 1). Heyne Verlag.

 

Kotsou, I., Augagneur, ., & Seele-Nyima, C. (2015). Das kleine Übungsheft-Achtsamkeit. Trinity Verlag. 

 

https://www.zeitblueten.com

https://www.frisches-denken.de/stressfrei-durch-achtsamkeitsuebungen

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Julia Wolfert (Dienstag, 05 März 2019 11:33)

    Toller Artikel. Mindfulness wird bei Accenture seit 2-3 Jahren als individuelles Training speziell angeboten, inzwischen gibt es aber 30 minütige Sessions, wenn wir Tagesevents mit Business-Updates halten, zur Besinnung nach dem Mittagessen bspw. Wie ich finde ein wichtiger und richtiger Trend, der bereits Einzug hält.
    Am meisten vom Konzept hatte mich in den Sessions die Tatsache überzeugt, wieviel weniger "produktiv" ich selbst mit dem Versuch zum Multitasking und Gespräche parallel führen (im Kopf und der Realität) bin, statt mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.
    Ich bin auf die anderen Teile der Serie gespannt.
    'S liabs Grüessli aus der Schweiz ;-)

  • #2

    Yvonne (Donnerstag, 07 März 2019 09:15)

    Liebe Julia,
    Vielen herzlichen Dank für deine Rückmeldung und deine Erfahrung dazu. Es ist toll, das ihr so ein Angebot habt ;) und immer mehr Firmen das Thema mindfulness wirklich praxisorientiert in den Alltag einbauen. Nur durch die eigene (positive) Erfahrung wirkt es halt...

    Liebe Grüße aus Pfaffenhofen :),
    Yvonne