Wenn Welten aufeinanderprallen

 

Warum solltest du diesen Blogartikel lesen?

Du erhältst hilfreiche Impulse, um Konflikte besser zu verstehen.

Du reflektierst deine Haltung und dein Verhalten in Konflikten.

Du stärkst durch praxisnahe Tipps deine Konfliktfähigkeit.

 

 

Wenn unsere Welten an unterschiedlichen Meinungen, Werten oder Einstellungen im Miteinander aufeinanderprallen, dann entstehen automatisch auch Situationen, in denen wir uneins sind. Konflikte. Sie gehören zu unserem Alltag dazu und kommen in jeder Familie, in jeder Beziehung und in jedem Team vor. Obwohl Konflikte normal und alltäglich sind, mögen wir sie nicht, denn die Beschäftigung mit diesem Thema ist für die meisten Menschen nicht sehr angenehm.

 

Und trotzdem: Konflikte sind der Motor für positive Veränderungen.

 

Konflikte geben uns Hinweise, wo etwas nicht stimmig und wo wir genauer hinschauen dürfen. Oftmals ist nicht der Konflikt das Problem, sondern unser Umgang damit. Statt mutig Missverständnisse anzusprechen und zeitnah aus dem Weg zu räumen, mutmaßen und interpretieren wir und versuchen Konflikte zu vermeiden. Viele Leitbilder die ich aus Organisationen kenne, beinhalten Punkte wie: „Wir sprechen zeitnah und konstruktiv Dinge an, die nicht passen oder zielführend sind.“ Dennoch erlebe ich in meiner Arbeit, wie schwer wir uns dann tatsächlich tun, über kritische Themen oder verletzte Gefühle miteinander gut in einen klärenden Austausch zu kommen.

 

Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig und individuell. Meine Hauptannahme ist, dass wir einfach schlichtweg nicht wirklich gut gelernt haben, mit Konflikten umzugehen und sie daher oftmals lieber umgehen, oder unter den Teppich kehren. Wir assoziieren mit dem Begriff „Konflikt“ häufig eher negative Aspekte wie Stress, Streit, Verlust, Ärger und erinnern uns an unangenehme Erlebnisse aus unserer Vergangenheit, die mit Ängsten verbunden sind.

 

Während meiner Studienzeit in Würzburg habe ich Birgit Teresa Koch kennengelernt. Eine tolle Frau, die als Streitschlichterin mit einem Wohnmobil quer durch Deutschland fuhr, um Menschen vor Ort Unterstützung bei der Konfliktlösung in Familie, Beruf und Nachbarschaft anzubieten. Sie erforschte vor allem, welche Veränderungswünsche hinter Konflikten stecken. Aus ihren Erkenntnissen und Erfahrungen ist ein wunderbares Buch entstanden, dessen Titel mich bis heute begleitet: „Hinter jedem Konflikt steckt ein Traum, der sich entfalten will“.

 

Sie beschreibt, dass jeder Konflikt ein Hinweis darauf sein kann, dass wir uns gegen den nächsten Schritt wehren, der in unserem Leben ansteht und jeder Streitpartner ein Verbündeter im eigenen Entwicklungsprozess ist. Ist das nicht eine faszinierende Perspektive?

 

Eine ähnliche Meinung vertritt Reinhard Sprenger, der Konflikte mit „Motoren des Lebens“ vergleicht, die uns herausfordern, uns wachsen lassen und uns zu neuen Sichtweisen und Fähigkeiten bringen.

 

Genau hierzu möchte ich dich mit unserem neuen Artikel einladen: Gewinne eine neue oder ergänzende Perspektive auf das Thema Konflikt, um dein Bewusstsein zu schärfen und zu lernen, wie du zukünftig vielleicht besser und konstruktiver mit Konflikten umgehen kannst.

 

 

Konflikt ist nicht gleich Konflikt

 

Für Menschen, die nach Harmonie streben, ist oft jede Dissonanz in ihrer Definition ein Konflikt. Doch nicht jede Auseinandersetzung ist per se ein Konflikt. Der Begriff Konflikt leitet sich aus dem lateinischen „confligere“ (lat.) ab, was „zusammenstoßen“, „aufeinanderprallen“ bedeutet.

 

Konflikte sind:

  • Normale Ereignisse
  • Bestandteil von Veränderung
  • Produkte unerklärter Interessensunterschiede
  • Ausgangspunkt von Kreativität und Veränderung
  • Erzeuger von Lösungen
  • Oft auf der Beziehungsebene sichtbar, obwohl sie dort nicht immer hingehören (A. Redlich) 

 

Um Konflikte besser zu verstehen, ist es hilfreich zu wissen, dass Konflikte auf zwei Ebenen verlaufen: der Sach- und der Beziehungsebene. Zum Verständnis dient das Eisberg-Modell.

Die Spitze des Eisbergs ist die Sachebene, also „worum geht es?“. Die Sachebene können wir mit Zahlen, Daten und Fakten beschreiben und ist oft nur der Anlass von Konflikten und tritt schnell in der Diskussion in den Hintergrund. Also zum Beispiel die Arbeitszeiteinteilung, die Verteilung der Hausarbeit oder die Suche nach einem Urlaubsdomizil.

 

Viel entscheidender ist die Beziehungsebene, d.h. unsere Gefühle, Bedürfnisse, Wünsche, Einstellungen und Werte. Diese kommunizieren wir sehr stark über nonverbale Kommunikation. Also über unsere Mimik, Gestik, die Körperhaltung und vor allem auch der Tonfall. In Millisekunden überprüfen wir das, was jemand sagt mit dem, was auf der nonverbalen Ebene transportiert wird und bewerten die Situation entsprechend. Fühlen wir uns dann nicht wertgeschätzt oder verletzt, kann sich die Beziehung schlagartig und dramatisch verändern. Wir sind getroffen, reagieren emotional und haben Schwierigkeiten wieder auf die Sachebene zurückzufinden.

  

 

Was ist dein Reiz-Reaktionsmuster?

 

Oftmals geraten wir in solchen Diskussionen in einen Strudel von „wer hat Recht“ oder wessen Perspektive ist die „richtige“ und vor allem in Stress. Wir sprechen schneller als wir denken können, werden unfair und bereuen im Nachhinein oft Dinge, die wir ad hoc und aus einem Impuls heraus getan oder gesagt haben.

 

Biologisch betrachtet reagiert unser Gehirn in Konfliktsituationen ganz wie in Urzeiten und vor allem sehr schnell. Im Grunde eine schlaue Funktion der Natur, die uns unser Überleben gesichert hat. Heute führen diese Verhaltensweisen allerdings in vielen Situationen eher zu „loose-loose“ Situationen, das heißt beide Gesprächspartner oder Parteien verlieren etwas.

 

Eine andere Perspektive auf das Thema Konflikt zu gewinnen bedeutet im ersten Schritt, dich selbst zu reflektieren und Bewusstsein zu schaffen, wie du in Konfliktsituationen reagierst. Wenn du folgende Grafik auf dich wirken lässt, wo siehst du dich am meisten? Bist du eher ein Mensch, der aktiv mit Konflikten umgeht und dabei eher direkt in den verbalen Gegenangriff geht oder sich der Auseinandersetzung entzieht und zum Beispiel den Raum verlässt? Oder erkennst du dich eher darin, dass du dich in Konflikten innerlich zurückziehst und ganz still wirst? Oder bist du tendenziell jemand, der sehr lange abwartet, beobachtet und irgendwann mit einem Kommentar der sitzt, das Gegenüber schachmatt setzt?

Jeder Mensch lebt Anteile von allen Stilen. Hier geht es nicht um Pauschalisierung, sondern, um deine Sensibilisierung, damit du dich besser kennen lernen kannst. Daher möchte ich gerne folgende Reflexionsfragen zur Vertiefung mit dir teilen, um dich in Kontakt mit deinem Reaktionsmuster zu bringen. Nimm dir daher gern ein wenig Zeit, um dein Verhalten in Konflikten näher zu beleuchten.

 

Ich im Konflikt

  1. Was können Andere an mir beobachten?
  2. Wie sieht es in mir aus?
  3. Was sind die positiven Auswirkungen meines Verhaltens?
  4. Was ist daran für eine Konfliktlösung hinderlich?

 

4 Wege, um mit Konflikten umzugehen

 

Wenn wir in Konflikten mit verbalen Angriffen oder Kritik konfrontiert werden, laufen wir oft Gefahr, aus dem Impuls heraus eher weniger konstruktiv zu reagieren. Ein paar „Klassiker“ hierzu habe ich dir mitgebracht. Anhand dieser werde ich mit dir teilen, welches Verhalten und welche Reaktion stattdessen zu einer tatsächlichen Konfliktlösung führen können.

Weg 1: Gegenangriff

 

Du kennst es bestimmt zu gut, wenn sich Diskussionen in eine Art „Ping-Pong“ an Vorwürfen, Beschuldigungen und unfairen Bemerkungen entwickeln. Versuche daher folgende Punkte zu vermeiden.

 

Vermeide:

  • Dem Gesprächspartner in´s Wort fallen & „Ja, aber.....“ Antworten
  • Verallgemeinerungen wie: „Immer“, „nie“
  • DU-Botschaften wie zum Beispiel: „Du solltest mal bei Dir anfangen“, „Du bist doch auch immer zu spät“, „Du räumst Dein Werkzeug doch auch nicht auf“
  • Befehlen, oder drohen, wie zum Beispiel: „Noch so eine Bemerkung und Du.... „ „Wenn Du weiter so drauf bist, dann spreche ich mit ...“
  • Bewerten und belehren „Ich hab´s dir ja gleich gesagt, das kann nicht funktionieren“, „Das siehst du falsch“
  • Sarkasmus „So eine Idee kann ja nur von dir kommen“
  • Unterstellungen: „Das ist ja wieder typisch, dass du so was sagst“

 

 

Weg 2: Selbstvorwurf

Viele Menschen, die bei einem verbalen Angriff von außen nicht zurückschießen, gehen in den Selbstvorwurf. Das heißt, die Schuld für die Situation wird sehr stark bei einem selbst gesucht. Versuche daher einmal drauf zu achten, inwieweit du diese Rückzugstendenzen bei dir bemerkst.

 

Vermeide:

  • Dich innerlich zu verurteilen. Zum Beispiel mit Gedanken: „Das kann ich eh nicht“, „Das war eh klar, dass ich Schuld bin“, „Ich bin halt einfach zu doof dazu“
  • Leise Stimme, hängende Schultern, fehlenden Blickkontakt. Mach dich stattdessen groß, richtige dich auf und verschaffe dir Raum.

 

 

Weg 3: Empathie

Dein Einfühlungsvermögen in Form von „aktivem Zuhören“ verbessert die Beziehungsebene und zeigt deinem Gegenüber, dass du ihn oder sie verstehen möchtest. Aktiv zuhören bedeutet neben einer offenen inneren und äußeren Haltung, dass du verbal in deinen Worten das zusammenfasst, was du gehört hast im Gespräch.

 

„Aktiv zuhören“ üben:

  •  „Hab ich Dich richtig verstanden, dass Du heute früher gehen musst und deshalb bissel gestresst bist?“
  •  „Bei mir kommt grad an, dass Du sauer bist“
  •  „Ich hab den Eindruck, dass du enttäuscht bist, weil...“
  •  „Kann es sein, dass Du grad (Gefühl) bist?“ z.B. „genervt bist, weil wieder alles an Dir hängen bleibt?“

 

Weg 4: Selbstachtung

 

Um deinen Gefühlen und Bedürfnissen Ausdruck zu geben sind sogenannte „Ich-Botschaften“ sehr hilfreich. Sie beschreiben ein Verhalten nachvollziehbar ohne zu werten. Sie sind, im Gegensatz zu den DU-Botschaften, kein Angriff auf das Gegenüber, weil du aus deiner Perspektive heraus sprichst, was bei dir ankommt und was du brauchst.

 

Ich-Botschaften üben:

 

S ichtweise schildern

            z.B. „Mir ist aufgefallen, dass …“

A uswirkungen beschreiben

            z.B. „Für mich heißt das, ….“

G efühle benennen

            z.B. „Ich fühle mich…“

E rfragen, wie der Andere die Situation sieht

            z.B. „Wie siehst du das?“

S chlussfolgerungen ziehen

            z.B. „Wie könnte eine Lösung aussehen?“

                           „Ich wünsche mir…“

 

 

 

Wenn also das nächste Mal in deiner Welt, Welten aufeinanderprallen dann erinnere dich, dass Neues genau aus diesen unterschiedlichen Perspektiven entstehen kann und deine Konfliktfähigkeit wie ein Muskel ist, den du trainieren kannst. Damit du hinter Konflikten eher Träume entdecken kannst, die verwirklicht werden möchten.

 

 

Alles Liebe,

Yvonne

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