Mit Gefühl. Mitgefühl.

 

Warum solltest du diesen Blogartikel lesen?

Du möchtest wissen, was mit dem Begriff Beziehungsfähigkeit gemeint ist.

Du bist neugierig, welche Rolle Empathie für die Gestaltung von Beziehungen spielt.

Du möchtest wissen, wie du dein Einfühlungsvermögen neu aktivieren kannst.

 

 

In den letzten sechs Wochen habe ich etliche Workshops und Teamcoachings durchgeführt. In den meisten ging es um den Umgang mit Veränderungen, den eigenen Antrieb und unser Miteinander. Wenn ich einen gemeinsamen Nenner aus allen Workshops und Coaching definieren müsste dann, wie stark sich die Qualität an Beziehungen auf unsere Zufriedenheit, unseren Erfolg und unser Gefühl der Zugehörigkeit auswirkt. Joachim Bauer hat einmal gesagt: „Jede Form von Motivation beruht auf gelingenden zwischenmenschlichen Beziehungen.“ Das diese Aussage auch zehn Jahre nach Veröffentlichung seines Buchs „Das Prinzip Menschlichkeit“ noch total aktuell ist, ist vielleicht auch ein Phänomen unserer Zeit.

 

Ich weiß nicht wie du es erlebst, aber im privaten wie im beruflichen Umfeld spüre ich ein so großes Bedürfnis nach wahrhaften und authentischen Begegnungen und Beziehungen. Geht es dir auch so, dass es Menschen gibt, die du zwar magst und die dir auch wichtig in deinem Leben sind, deren Begegnung und gemeinsame Zeit dich aber irgendwie nicht „nähren“ und du danach denkst, „ja, war nett, aber mehr auch nicht?“. Im schlechtesten Fall hat dir die Begegnung wiederholt mehr Energie gezogen, als sie dir gegeben hat. Die Welt in der wir uns bewegen, vor allem im beruflichen Kontext, ist geprägt von einer starken Sachorientierung. Vielleicht sehnen wir uns deshalb auch insgesamt nach Beziehungen, in denen wir uns so zeigen können, wie wir sind, die uns bestärken und bestätigen in unserem Sein. Sozusagen als Ausgleich, um die stark rational getriebene Welt für uns selbst in eine emotionale Balance zu bringen. Zu spüren, dass wir mehr sind als die Summe unserer Leistungen.

 

In einem aktuellen Artikel der managerseminare wird Jürgen Weibler, Professor für Personalführung und Organisation an der Fernuniversität in Hagen zitiert, der Verbindungen zwischen Menschen im beruflichen Kontext mit „temporären Zwangsehen“ vergleicht. Dieser Vergleich ist spannend, denn frag dich mal selbst: Sind die Beziehungen in deinem Leben eher eine glückliche Ehe oder eine gefühlte „Zwangsheirat“?

Um im Bild zu bleiben bedeutet das natürlich, dass du viele Rahmenbedingungen, gerade in deinem beruflichen Umfeld, nicht alleine beeinflussen, ändern und kontrollieren kannst. Was wir aber sehr wohl können ist, Beziehungen die unseren Alltag prägen, selbst zu gestalten und weiter zu entwickeln. Für ein glücklicheres und erfüllteres Beziehungsleben – privat wie beruflich.

 

 

Beziehungsfähig = emotional kompetent

 

Unser Leben ist geprägt von Beziehung, wir gehen ständig in Verbindung mit unterschiedlichen Menschen. Die Qualität dieser Beziehungen hängt ganz stark davon ab, wie du dich in dieser Verbindung fühlst. Gleiches gilt natürlich auch für dein Gegenüber. Wenn du deine Freundschaften, kollegialen Beziehungen, deine sozialen Kontakte im Verein als positiv und wohltuend erfährst, wirst du dich wahrscheinlich bestärkt und aufgeladen fühlen.

 

Deine Emotionen haben dabei einen starken Einfluss auf deine Selbstwahrnehmung, wie du andere Menschen um dich herum wahrnimmst und deine emotionalen Beweggründe beeinflussen schlussendlich auch dein Verhalten. Beziehungsfähigkeit hat also viel damit zu tun, achtsam mit deinen Gefühlen umzugehen. Oder anders ausgedrückt:

 

„Wer Erfolg im Leben haben will, muss klug mit seinen Gefühlen umgehen können und das emotionale Alphabet beherrschen. Was nützt ein hoher IQ, wenn man ein emotionaler Trottel ist?“. Dieses Zitat von Daniel Goleman, dem „Guru“ der „Emotionalen Intelligenz“, lässt mich schmunzeln. Denn wie oft bist du selbst schon „emotionalen Trotteln“ begegnet, die völlig gefühlsblind durch die Welt laufen und nicht nach links und nach rechts schauen? Und wie oft bist du selbst die Person, die sich nach einer Reaktion denkt: „das hättest du auch klüger lösen können?“.

 

Hast du mal darüber nachgedacht, was es überhaupt für dich persönlich bedeutet emotional intelligent und kompetent zu sein und zu handeln?

 

Mit explore yourself ist es unser Ziel DICH als erstes in den Fokus zu rücken und zur Selbstreflexion anzuregen. Denn mit EQ zu handeln beschreibt die Fähigkeit, Emotionen in Bezug auf sich selbst und auf andere Menschen wahrzunehmen, zu verstehen und einen sinnvollen Ausdruck dafür zu finden. Emotionale Kompetenz hilft uns also in unserer agilen Welt mehr denn je, um Beziehungen aufzubauen, Probleme zu lösen und unsere Ziele im Miteinander zu erreichen. Eine Fähigkeit, die in unserer menschlichen Natur liegt und die unsere Beziehungsfähigkeit maßgeblich beeinflusst, ist dein Einfühlungsvermögen, auch Empathie genannt. Vielleicht hast du Lust in der nächsten Zeit bewusst deinen „Empathie-Muskel“ zu stärken? Wie das gehen kann, erfährst du im nächsten Absatz.

 

 

Zwei Richtungen der Empathie – dir selbst und anderen gegenüber

 

„Ich fühle was du fühlst“ – Empathie und die Fähigkeit, sich im übertragenen Sinne in die „Fußstapfen von anderen Menschen“ hineinversetzen zu können, ist eine Grundvoraussetzung für gelingende Beziehungen. Auch Konflikte sind mit gegenseitigem Verständnis für die Position des Anderen oft leichter zu lösen. Wer empathisch ist, kann auch in schwierigen Situationen Mitgefühl zeigen, ohne mit dem Anderen mitzuleiden. Der Psychotherapeut Carl Rogers hat mal gesagt: „Empathie bedeutet, in die private Wahrnehmungswelt eines anderen Menschen einzutreten und sich darin vollkommen zu Hause zu fühlen“.

 

Vielleicht fallen dir spontan Menschen in deinem Umfeld ein, bei denen du dich „zu Hause“ fühlst? Was würdest du sagen, welche Eigenschaften zeichnen sie aus und wie fühlst du dich in diesen Beziehungen?

 

Menschen, die ein hohes Einfühlungsvermögen haben, vertrauen wir uns im Gespräch gern an und fühlen uns wohl bei ihnen. Daniel Golemans Besteller „Emotionale Intelligenz“ verhalf dem Begriff „Empathie“ zu weltweiter Beachtung. In seiner Definition unterscheidet er zwischen der Fähigkeit, die Sichtweise des Anderen zu verstehen, das Gleiche zu fühlen wie dieser und zu spüren, was diese andere Person braucht.

 

Die Entfaltung von Empathie geht in zwei Richtungen. Einmal nach innen, also dir selbst gegenüber und nach außen, deinen Mitmenschen gegenüber. Folgende Impulse sollen deinen Blick wieder weiten und öffnen für eine wertschätzende Einstellung dir selbst und anderen Gegenüber.

 

 

1. Empathie fängt bei dir selbst an

 

Wenn du andere besser wahrnehmen möchtest, dann lohnt es sich, den Blick zunächst auf dich zu richten. Wie gut kannst du gerade deine eigenen Sichtweisen verstehen, wie gut kannst du deine eigenen Gefühle wahrnehmen? Und wie deutlich spürst du, was du grade brauchst? Dauerstress im Job ohne Ruhepause ist der absolute Empathiekiller. Wie willst du einfühlsam mit anderen Menschen umgehen, wenn du selbst gar nicht mehr spürst wie es dir wirklich geht, was deine Bedürfnisse und wo deine eigenen Grenzen sind?

 

Einfühlungsvermögen hat also auch etwas mit Mitgefühl für dich selbst zu tun und der Wahrnehmung deiner eigenen Gefühle und Emotionen. Sei dir selbst also in schwierigen Momenten ein guter Freund. Wenn du also zum Beispiel etwas verbockt hast, oder du mit etwas nicht zufrieden bist, stell dir vor ein guter Freund spricht mit dir. Was würde diese Person zu dir sagen? Vielleicht „Du meisterst das fabelhaft“, „Du machst grad echt viel durch“, „Du kannst wirklich stolz auf dich sein“.

 

Je klarer du deine eigenen Emotionen siehst und empfindest, desto eher wirst du in der Lage sein, die Emotionen anderer Menschen nachzuempfinden.

 

 

2. Ein Pladöyer für mehr Hinterfragen und weniger Bewerten

 

Regst du dich gern und schnell über das Verhalten anderer auf? Wir sind alle Meister im Interpretieren von Verhalten. Ich nenne das auch manchmal „Küchenspsychologie für Anfänger“ ;). Wenn du das nächste Mal im Alltag merkst, das ein bestimmtes Verhalten sofort zu wertenden Gedanken und Emotionen, wie genervt oder wütend sein bei dir selbst führt, sag dir innerlich STOP. Und wenn du Lust hast lies unseren Artikel „Ich flipp aus – ne doch nicht“. Dort schreiben wir über den Zusammenhang von Außenreizen und Reaktionsmustern.

 

Unsere Reaktionsmuster haben eben oft zur Folge, dass wir übersehen, dass hinter dem für uns nervigen Verhalten auch (gute) Gründe stecken bzw. wir anderen häufig Unrecht tun. Vielleicht geht es dem Kollegen, der auf eine Bitte von dir gereizt reagiert, gesundheitlich nicht gut. Vielleicht beschäftigt ihn ein privates Thema. Du kannst nicht 100% wissen, was wirklich der Grund für ein bestimmtes Verhalten ist. Hinterfrage also vielleicht manchmal mehr, warum sich jemand so verhält oder sprich die Person direkt an, weil du wirklich an den Hintergründen interessiert bist.

 

 

3. Empathie ist kein Tool, sondern eine innere Haltung

 

Kennst du Gespräche mit Freunden oder Kollegen in denen du etwas erzählst, was dir wirklich nahegeht, der Gesprächspartner aber irgendwie ganz woanders ist bzw. nur darauf wartet, selbst von sich zu erzählen?

Versuche daher selbst anderen Menschen mit echtem Interesse zu begegnen und erkundige dich nur nach ihrem Befinden - wenn es dich tatsächlich auch interessiert.

 

Wenn du im Gespräch mit jemandem empathisch umgehen möchtest, dann bedeutet es, dich in dem Moment voll auf deinen Gesprächspartner einzulassen, ihm Raum zu geben und wirklich zuzuhören. Deine Art und Weise, wie du zuhörst hat einen Einfluss auf die Gefühlslage des Gesprächspartners und beeinflusst die Beziehungsqualität maßgeblich.

 

Mehr davon:

  • Aktiv zuhören, um dein Gegenüber wirklich zu verstehen
    • Zusammenfassen was du verstanden hast: „Ich habe verstanden, dass ...“, „Bei mir kommt an, dass ...“
  • Blickkontakt halten und auf Mimik, Gestik, Körperhaltung achten
  • Den Gesprächspartner aussprechen lassen
  • Pausen im Gespräch aushalten
  • Die Gefühle des Partners erkennen und ansprechen
    • „Du bist grade ziemlich traurig“, „Du wirkst sehr nachdenklich auf mich“, „Du bist grad ziemlich gestresst, oder?“
  • Verbundenheit signalisieren
    • „Ich kann das sehr gut nachvollziehen“, „Ich sehe wie sehr dich das mitnimmt“, „Ich kann mir vorstellen, dass es grade keine einfache Situation ist für dich“
  • Den anderen wirklich verstehen wollen
    • „Ich möchte gerne verstehen, aus welchem Grund du so reagierst?“, „Mir ist wichtig nachzuvollziehen warum du gerade so emotional reagiert hast?“

 

Weniger davon:

  • Den Fokus auf sich selbst lenken mit Aussagen wie:
    • “Ich habe auch sowas durchgemacht“, „Ich kenn das Problem, bei mir...“, „Das habe ich auch schon erlebt, das ist schrecklich gewesen“
  • Interpretierende und wertende Gedanken einbringen
    • „Du musst halt stärker ne´ Grenze ziehen“, „Das macht der bloß, um dir eins reinzuwürgen“,
  • Beschwichtigen mit Aussagen wie:
    • „Reg dich nicht so auf“, „Das bringt doch eh nicht’s wenn du jetzt so viel Energie da rein gibst“

 

 

Ja, sich in andere Menschen einzufühlen ist manchmal anstrengend, vor allem in die, die du vielleicht nicht so magst. Das bedeutet auch nicht automatisch, sich mit der ganzen Welt zu verheiraten ;). Sondern mir geht es um die „kleinen Dinge“ in unserem Alltag, die gelingende Beziehungen fördern und die du tun kannst, um einen Unterschied für dich und andere zu machen. Dich im Gespräch wirklich zuwenden, pünktlich sein, um dem Anderen zu zeigen, dass er dir wichtig ist, Interesse für die Themen deines Gegenübers zu haben, einem Fremden ein lächeln zu schenken, zuhören, den Anderen „wirklich sehen“... Was immer es für dich in dem Moment bedeutet und was sich stimmig anfühlt!

 

Ich wünsche dir viele echte und bereichernde Begegnungen in der nächsten Zeit! Denn die Qualität an Begegnungen mit Menschen machen wahrhafte Beziehungen aus, oder wie siehst du das?

 

ENJOY!

 

Yvonne    

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Kommentare: 1
  • #1

    Jürgi (Mittwoch, 19 Juni 2019 07:28)

    Liebe Yvonne, das hast du wieder wunderbar auf den Punkt gebracht vielen Dank für deinen großartigen Blog.